Auf die Geschichte unserer Kaltblut-Pferdezuchtgenossenschaft Pfaffenwinkel sind wir stolz. Gerne stellen wir sie auch Ihnen vor.
Gegründet wurde die heutige "Kaltblut-Pferdezuchtgenossenschaft Pfaffenwinkel e.V." am 18. Oktober 1910 als "Bezirkspferdezuchtgenossenschaft Schongau". Bereits zur Jahrhundertwende bzw. teilweise auch schon davor wurden auf Ortsebene Pferdezuchtvereinigungen gegründet. So ist in der Peitinger Ortschronik die Gründung der Peitinger Pferdezucht-Genossenschaft mit dem 24. Mai 1906 dokumentiert. Der Zweck war die Förderung der Zucht eines kräftigten unveredelten Arbeits- und Lastenpferdes in der Gemeinde Peiting, das Aufstellen von Zuchthengsten, Stutenkörung unter Aufsicht eines königlichen Landesgestütsbeamten, Prämierungen und Förderung der Hufpflege. Diese Zielsetzung entsprach auch den Erfordernissen des Pferdezuchtverbandes für das bayerische Oberland. Dieser Verband fördert die Zucht des starken Wagenpferdes mit Oldenburger Blut Abteilung I und des Oberländer Pferdes norischen Blut Abteilung II.
In den folgenden Jahren gab es dann Bestrebungen, diese Ortsvereinigungen auf die Bezirksebene (damit war damals der Landkreis Schongau gemeint) zusammenzuschliessen. Im Protokollbuch des Peitinger Pferdezuchtvereins ist hier eine erste Versammlung am 10. September 1909 vermerkt. Bereits in einer zweiten Versammlung am 24. September 1909 wurde in Peiting dann beschlossen, dieser neu zu gründenden Bezirkspferdezucht-genossenschaft beizutreten. Bis es dann aber endgültig soweit war, dauerte es doch noch bis Oktober des Jahres 1910:
Das Protokoll zur Gründungsversammlung der Bezirkspferdezuchtgenossenschaft Schongau datiert mit dem 18. Oktober 1910. Die Versammlung fand in Altenstadt statt. Als Quelle diente das Stadtarchiv Schongau, recherchiert hat dies Josef Reßle, Dornau. In diesem Protokoll steht geschrieben:
Am 18. dieses Monats fand in Altenstadt eine Versammlung von Pferdezüchtern statt, die ziemlich gut besucht war. Herr Bezirkstierarzt Bock hielt einen Vortrag in welchem er den Mitgliedern der Pferdezuchtgenossenschaft den Anschluss an den neugegründeten Zuchtverband in Tölz aufs Beste empfahl. Es wurde auf die großen Vorteile hingewiesen, die ein solcher Zuchtverband bietet und ein Vergleich gezogen mit dem schon seit acht Jahren im Bezirk Schongau bestehenden Zuchtverband für einfarbiges Gebirgsvieh. Insbesondere wurden diesem neuen Zuchtverband auch reichliche Zuschüsse in Aussicht gestellt, z.B. zum Ankauf von Zuchthengsten, bei Pferdeprämierungen usw., da es "... doch keinem Zweifel unterläge, dass der neue Verband mit beträchtlichen Summen aus öffentlichen Kassen bedacht werde ...". Der Bezirkstierarzt hob ferner hervor, dass durch den Zuchtverband die Weideverhältnisse, die bei der Pferdezucht mit eine Hauptrolle spielen, geregelt würden. Ausserdem sollten die Missstände, die vielfach beim Fohlenhandel noch herrschten, in Zukunft beseitigt werden. In der folgenden Abstimmung traten dann alle anwesenden Mitglieder neu gegründeten Zuchtverband bei. Es fand auch gleich die Wahl der Mitglieder für den Hengstkörausschuss per 1910-1912 statt:
Gewählt wurden die Herren:
Wagner Xaver, Ökonom in Peiting-Hausen, Schleich Michael, Bürgermeister in Altenstadt, Ressle Norbert, Ökonom in Dornau
Als Vorstände der Bezirkspferdezuchtgenossenschaft Schongau fungierten:
Ab Gründung 1910 der Bezirkstierarzt Beck und Oberregierungsrat Freiherr von Ungelter.
In den 1920er Jahren folgte Josef Schleich aus Altenstadt.
1947 übernahm Michael Kögl aus Altenstadt.
1958 wurde Xaver Brennauer aus Peiting-Raumsau 1. Vorstand.
1971 löste ihn dann Max Schelle aus Peiting-Hausen ab.
Ab 1988 prägte dann viele Jahre Quirin Mayr aus Rottenbuch-Schmautzenberg das Geschehen der Genossenschaft.
2002 setzte Alfred Schauer aus Rottenbuch-Reiswies die Arbeit als 1. Vorsitzender fort.
Seit 2012 hat das Amt des 1. Vorsitzenden Stefan Erhart aus Burggen-Borzenwinkel inne.
In der Peitinger Ortschronik ist für die Anfangszeit das Zuchtgeschehen im Altlandkreis Schongau mit einigen Daten dokumentiert:
1907 wurde der erste Hengst, der Altbürschl-Hengstnachkomme "Peitinger" gekauft. Hengsthalter wurde Xaver Schelle in Hausen, der jährlich 200 Mark bekam und den notwendigen Hafer (12 Liter täglich und während des Gaurittes 20 Liter täglich). Gaureiter und Beschälwart war Michael Kees. Er bekam während des Gaurittes freie Station, d.h. Nachtlager und 2 Mark pro Tag und nach Beendigung des Rittes 50 Pfennig Trinkgeld je belegter Stute. Das Deckgeld betrug damals 10 Mark, der Genossenschaftsbeitrag pro Stute 3 Mark. Der Hengst Peitinger deckte dann im Bereich der Bezirkspferdezuchtgenossenschaft von 1908 - 1921. Es waren in diesen Jahrzehnten regelmässig mehrere Hengste im Einsatz. Der Gauritt erfolgte über viele Ortschaften hinweg und wurde zu Fuß absolviert.
Im Jahr 1923 gründeten die Steingadener dann eine eigene Hengsthaltungsgenossenschaft (deshalb gibt es auch bis heute 2 Pferdezucht-Genossenschaften im Altlandkreis Schongau). Auch in Steingaden kamen zuerst noch Hengste aus der "Peitinger"-Linie zum Einsatz. 1931 wurden dann die beiden örtlichen Hengsthaltungsgenossenschaften Peiting und Altenstadt zusammengeschlossen, aber schon nach einem Jahr wieder getrennt.
Alljährlich wurden in Peiting und Rottenbuch je ein Fohlenmarkt abgehalten. Für 1939 gab es in Peiting sogar 2 Fohlenmärkte. Die Preise lagen in diesem Jahr zwischen 1200 Reichsmark (Höchstpreis) und 200 Reichsmark, der als Mindestpreis staatlich festgesetzt wurde. Am 20. August 1964 war dann der letzte Fohlenmarkt in Peiting. Danach wurden Fohlenmärkte nur noch in Rottenbuch abgehalten. Die spätere Androhung von Verbandsseite an die Rottenbucher, den Markt wg. besserer Logistik und örtlicher Unterstützung doch wieder nach Peiting zu verlegen, konnte durch Erfüllung der Auflage, einen Unterstand für die Kommission bzw. ein Schreibbüro zu erstellen, in letzter Minute abgewendet werden. Deshalb freut sich auch heute noch die Gemeinde Rottenbuch, daß sie den größten Kaltblut-Fohlenmarkt in Deutschland (wenn nicht auch darüber hinaus) abhalten darf.
In den Jahren ab 1970 ging die bäuerliche Pferdezucht trotz staatlicher Ankauf- und Aufzuchtprämien fast auf den Nullpunkt. Lediglich die Haflinger und das Warmblut erlebten in diesen Jahren einen Boom. Die Bezirksgenossenschaft Schongau wurde von der Gründung an bis Anfang der 1990er Jahre immer eng von staatlicher Seite in der Geschäftsführung unterstützt. So waren über viele Jahrzehnte weg Mitarbeiter des Landratsamtes zum Dienst als Geschäfter abgestellt. Heute liegt die Vereins- und Geschäftsführung komplett in den Händen der ehrenamtlichen Genossenschaftsvorstandschaft
Ab den 1980er Jahren erlebten die Süddeutschen Kaltblüter langsam eine Renaissance und das drohende Aussterben der Rasse konnte verhindert werden. Durch den Idealismus und das Traditionsbewusstsein einiger Züchter im Oberland und insbesondere auch im Pfaffenwinkel konnte die Talsohle durchschritten werden. Die Nachfrage nach Fohlen stieg, alte Pferdeveranstaltungen wie Leonhardiritte und -fahrten wurden wiederbelebt, neue Feste wie der Rosstag aufgezogen. Auch Zuchtveranstaltungen und Leistungsprüfung erfreuten sich wieder größerer Beliebtheit. Zuchtversuche mit Vollblut-Blutbeimischung über Ramsgraf I + II sowie später mit dem Engländer Farmlands Joker und dem Altoldenburger Geronimo, aber auch die Selektion von größeren Hengsten führten zu feineren Gliedmaßen und einem wieder gängigeren, modernen Kaltbluttyp. Heute gibt es gerade im Hobby- und Freizeitbereich einen regelrechten Kaltblut-Boom, von dem auch unsere Süddeutschen profitieren.
Foto von Hengsten aus frühen Jahren: folgen noch ...
Hengste Peitinger und Adler
Hengste Pfennig und Pfeffer
Hengste Prätorius und Päkar
Hengst Gutenfels